Sonntag, 27. September 2015

Das Licherlampenknopfsystem




Wie in vermutlich allen Krankenhäusern, gibt es auch in unserem im Innern der Zimmer diverse Anwesenheits-Knöpfe. Diese lösen eine unterschiedlich farbcodierte Lampe vor der Tür aus, je nach dem welches Fachpersonal drinnen gerade sein Unwesen treibt.
Natürlich hat jeder Patient zudem einen Anforderungs- und Notfallknopf, mit dem man eine Schwester herbeirufen kann. Was aktuell zudem in vielen Kliniken und unserer natürlich auch gerade hip ist: drückt der Patient den Anforderungs- und Notfallknopf wird er erst mit einer Klinikskommunikationszentrale verbunden. Eine freundliche Dame schaltet sich dann über eine Lautsprecheranlage zu und fragt was das Begehr ist. Der Patient kann dann sagen, dass er auf’s Klo muss, die Butterschachtel des Frühstücks nicht aufbekommt oder der Zimmernachbar gerade aus dem Bett gefallen ist. Diese Information wird dann an die Stationsschwestern weitergegeben, die je nach Priorität alles abarbeiten. Der Haken dieses Systems ist, dass alte Leute a) meistens Schwerhörig sind und b) das komplette System allgemein nicht durchschauen.
Naja, ich ging also in dieses Zimmer und drückte tugendhaft den gelben Knopf, worauf die Außenlampe auch gelb leuchtete und ein wohliges „Hier arbeitet ein wichtiger Arzt drin“-Gefühl verbreitete. Ich begann nun eine wichtige Kanüle zu legen und unterhielt nebenbei die so malträtierte Frau nett.   
Nun ist es aber so: Hat ein Krankenhauspersonal den Anwesenheitsknopf in einem Zimmer gedrückt UND man drückt nun zusätzlich den Anforderungs- und Notfallknopf eines Patienten, dann ist dies das allgemeine Signal dafür, dass in diesem Zimmer ein schrecklicher Notfall ist und mindestens einer der Beteiligten gerade stirbt. Die Kommunikationszentrale veranlasst eine Alarmierungskaskade in Folge derer eine größere Anzahl an Ärzten und Krankenschwestern quer durch die Klinik rennt, diverses Notallequiment hinter sich her ziehend, nur um in kürzester Zeit im Notfallzimmer lebenrettend durch die Tür zu brechen.


Also ich war immer noch in dem Zimmer. Mit Anwesenheitsknopf. Da drückte die Tochter der Nachbarpatientin einfach mal den Anforderungs- und Notfallknopf. Panikartig schaltete sich die Kommunikationszentale ein. Was denn los wäre. „Nichts?“ Zum Glück sah ich nun die Nebenantocher mit dem Knopf in der Hand und rief in Richtung des Lautsprechers, „Nein, nein wir haben keinen Notfall!“
„DOCH!“ rief nun die Tochter empört, „doch das ist ein Notfall!“
Huä? Ich war einen prüfenden Blick auf die Mutter – noch sehr lebendig – und dann die Tochter: „Meine Mutter muss auf die Toilette!“ zischte diese nun. Die Kommunikationsdame war inzwischen kurz vor dem durchdrehen, während ich händeringend zu verhindern versuchte, dass sich gleich die Kaskade an Notfallpersonal inklusive eines Hightechbeatmungsgerätes, eines Defibrillators und eines Anästhesisten durch die Tür ergießen würde. „ja, nein, das ist kein richtiger Notfall!!“ rief ich nun also und um die Tochter zu beruhigen fügte ich noch an, dass das Anliegen zwar wichtig aber nicht todeswichtig wäre und dann rannten mehrere Schwestern ins Zimmer, die von der Kommunikationsdame ob der konfusen Situation bedrängt worden waren und die Zimmernachbarin konnte dann feierlich auf die Toilette und die Kanüle war dann auch vollendet.
Urgh.
  

Sonntag, 20. September 2015

Probleme, die ich als Disney-Prinzessin nicht hätte



Dann machte ich also Visite, klopfte, öffnete die Patiententür und stand direkt vor meiner Patientin Frau Scholz, die mich vorwurfsvoll anstarrte. Ich schaute etwas verwirrt zurück und Frau Scholz wedelte etwas wild mit einer Fliegenklatsche herum. Dann starrten wir beide auf den Boden, wo die Fliege lag, die Frau Scholz gerade erlegt hatte. Mit einem anerkennenden Nicken betrat ich nun das Zimmer und nach einem freundlichen Gespräch mit Frau Scholz wanderte ich weiter zur Bettnachbarin: „Hallo Frau Hahn, und wie geht es Ihnen?“ In der Mitte der Unterhaltung fragte ich Frau Hahn schließlich, ob sie nicht eigentlich mal ihre Kopfhörer abziehen könne? Ich würde mich da jetzt etwas ignoriert vorkommen. Frau Hahn, die in einer Ansammlung verschiedenster MP3Player und portabler CD-Spieler lag, schien das Bitte erstaunlich zu finden, tat aber wie geheißen und wir vollendeten die Restvisite professionell und äh freundlich. 
(Wir hätten spontan in Gesang und Tanz ausbrechen sollen. Wie in einem Disneyfilm. Das hätte sie bestimmt beeindruckt. (Ich kann glaube, ich kann nicht gleichzeitig tanzen und singen.))


Samstag, 12. September 2015

Tief in der Nacht



Es war also Nacht. Supertiefe Nacht. So vier Uhr. Nachdem freundliche Herren in seriöser Uniform noch einen nicht ganz so seriösen Patienten angeschleppt hatten: „Ich bin voll und du nicht!“ (Jop! Gut erkannt.) – 3 Promille – hatte ich auch diesen in ein Bett im Flur gelegt, auf das er dort und nicht auf einer frei gewählten Straße der Umgebung die restliche Nacht verschlafen konnte. Dann wollte ich auch schlafen und ich legte mich hin und schlief. So 10 Minuten. Dann klingelte mein Dienstarzttelefon und ich wachte wieder auf in der Erwartung mindestens 2 Stunden geschlafen zu haben, aber dem war nicht so, was nicht zu meiner Freude war. Eine unbekannte Nummer von außerhalb. Hm: „Klinikum Beteigeuze, Frau Zorgcooperations, hallo?“
„Ich hab‘ Bauchschmerzen“, sagte eine Stimme am anderen Telefon, die sich nicht so anhörte, als habe sie wirklich Bauchschmerzen, aber gut, das ist so natürlich schwer zu beurteilen.
„Ah, hm sie haben also gerade starke Bauchschmerzen“, fragte ich verwirrt und versuchte noch weiter aufzuwachen.
„Äh nein, nicht so.“
„Ok.“ Ich war immer noch zu müde um hier ein sinnvolles Gespräch weiter zu  führen, „aber jetzt hatten sie so starke Schmerzen, dass sie sich entschlossen haben im Krankenhaus anzurufen?“
„Hm nein. Also ich habe seit so 20 Minuten Bauchweh. Aber nicht so stark. Nur das geht jetzt nicht mehr weg. Da wollte ich fragen, was ich denn jetzt tun soll?“
„Und haben sie sonst noch andere Beschwerden? Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Fieber…“
„Nein, nein. Nur das ist jetzt seit 20 min und da wusste ich nicht was ich tun soll.“
Das wusste ich jetzt auch nicht so recht und ich schlug dann vor, es in diesem Fall doch erst mal mit Abwarten oder einer Wärmeflasche oder dem kassenärztlichen Notdienst zu versuchen und sollte es dann schlimmer werden, könne man ja immer noch einen Besuch im Krankenhaus anhängen.
Dies war wohl die richtige Antwort und es kam die restliche Nacht auch niemand mit Bauchschmerzen vorbei.



Sonntag, 6. September 2015

WER?!


Wie ich feststellte, dass mein Oberarzt mindestens genauso verplant war, wie ich.
Ich saß also da und machte einen professionellen Ultraschall des Pleuraspalts von Herrn Luorpp, da unterbrach mich eben jener Oberarzt und winkte mich zur Tür.
OA: „Frau Zorgcooperations, da hat mich so ein Hausarzt angerufen. Wegen der Patientin mit Dyspnoe*, sie wissen schon.“
Z: „Ahm WER?“ (Zur näheren Information: Ungefähr alle Patienten auf dieser Station hatten irgendein Luftnotproblem.)
OA: „Na, die Frau mit der Dyspnoe!“
Z: „???“
OA: „Die, die wir gestern entlassen haben!“
Z: „Wir haben gestern zwei Patientinnen entlassen. (Und dann vollbrachte ich das Glanzstück mich unmittelbar, sofort und ohne nachzuschauen an BEIDE Namen zu erinnern, womit ich, wie ich mir so vorstelle, den Oberarzt sehr beeindruckte.) Äh also Frau Müller oder Frau Hubermüller?“
OA: „Haha, Frau Hubermüller…. Also … blabla… oh sie haben noch eine Frage zu Herrn Luorpp? Huä wer soll das denn bitte sein?!
Hier deutete ich diskret hinter mich, wo Herr Luorpp, der seit ungefähr drei Wochen auf unserer Station herumhing, in guter Oberarztsicht herumsaß.  
Ich hoffe mal Herr Luorpp war schwerhörig. Ich kann mich nicht mehr erinnern.




*Dyspnoe = Luftnot