Montag, 29. Juli 2013

Welches Medikament genau?


„Und dann hatte ich immer diese Bauchschmerzen“, erzählt mir der durchtrainierte, braungebrannte Mann. „Bauchschmerzen“  notiere ich diffus in meinen Aufnahmebogen. Der Patient erzählt weiter: „Die Schmerzen wurden mit der Zeit immer schlimmer. Weil wir bald in den Urlaub fahren wollten, bin ich zum Hausarzt gegangen. Der hat ein Ultraschall gemacht und mir gleich gesagt“, hier nimmt die Stimme des Patienten einen dramatischen Unterton an, „IHRE GALLENBLASE IST ENTZÜNDET! SIE MÜSSEN ANABOLIKA NEHMEN!“
„Huä? Anabolika?!?“, denke ich mir und schaue extrem verwirrt, „seltsame Behandlung einer Gallenblasenentzündung.“
Hier erinnert sich der Patient glücklicherweise an den Namen des „Anabolikums“. Es handelt sich um ein Antibiotikum. :)

Sonntag, 21. Juli 2013

Das EKG


Frau Gnutzburg hatte einen Herzinfarkt und da ging sie ins Krankenhaus. Nach allerlei dramatischen Behandlungen, wird sie auf unsere Station gebracht.
„Ja“, sagt die Stationsärztin, „da brauchen wir unbedingt heute noch ein Verlaufs-EKG.“ Normalerweise macht das die nette EKG-Schwester, welche mit einem EKG-Gerät durch die Klinik eilt, lustige Saugelektroden an den Patient anbringt und am Ende ein ordentlich beschriftetes Papier mit wildem Zackenmuster abgibt. Die EKG-Schwester ist aber schon im Feierabend und weil ich nett bin, gehe ich auf die Suche nach dem EKG-Gerät. Es ist groß, mit Rädern und an einem Kranarm hängen 10 lange Kabel mit Saugelektroden herab.  Sobald man in eine andere Richtung schaut, bilden die Kabel automatisch einen großen verworrenen Knoten.
„Hallo Frau Gnutzburg, ich bin hier um ein EKG zu schreiben“, nach diesem Einleitungsspruch entwirre ich 5 min lang Kabel und lenke Frau Gnutzburg mit einem aufregenden Gespräch über das Wetter ab. Dann platziere ich meine Saugelektroden und verheddere mich selbst in einem Kabel. Egal. EKG ist fertig. Ordentliche Beschriftung drauf. „Tschüss Frau Gnutzburg!“

Am übernächsten Tag ruft die Stationsärztin: „Oh wir brauchen heute unbedingt wieder ein EKG von Frau Gnutzburg. Geh‘ hin und finde die EKG-Schwester, dass sie eines erstellt, denn ich vergaß es anzumelden.“
„Joa“, sagt die EKG-Schwester, „also wenn ich von alle angemeldeten Patienten ein EKG geschrieben habe, dann mache ich das von Frau Gnutzburg“ Hier zeigt sie mir ihre to-do-Liste auf der ungefähr alle anderen Patienten des Krankenhauses stehen.
„Äh gut, ich nehme das Ersatz-EKG und schreibe selber ein EKG. Vielen Dank.“

Lalala. „Hallo Frau Gnutzburg! Ich möchte ein EKG schreiben. Kennen sie ja schon.“
„WAS?“ ruft Frau Gnutzburg, „schon wieder? Sie haben doch erst vorgestern eins gemacht!!“
„Naja, sie hatten ja einen schlimmen Herzinfarkt und wir möchten sie nun gut überwachen.“
„Sie waren erst vorgestern da!“
„Stimmt. Da wissen sie doch, das EKG dauert nur kurz und tut nicht weh.“
„Das ist mir egal! Was wollen sie denn jetzt schon wieder ein EKG?!“
„So ein EKG kann sich manchmal verändern und da möchten wir…“
„MEIN EKG VERÄNDERT SICH NICHT MEHR!!!“
„Äh ok. Hm. Dann wünsche ich ihnen noch einen schönen Tag…“

Sonntag, 14. Juli 2013

Die Pleurapunktion


„Machst du denn nur so banale Dinge wie Blutabnehmen und EKGs schreiben?“ fragte mich ein Blogleser, entsetzt über diese langweilige Ausbildung. Nun, manchmal vollbringe ich tatsächlich auch komplexere Dinge. Es passiert dabei nur nichts wirklich spannendes, außer dass ich persönlich alles als seeehr aufregend empfinde, Zuschauer aber nicht unbedingt.

Hier ein Beispiel wie ich meine erste Pleurapunktion durchführte um eingetretene Flüssigkeit zwischen Lunge und Brustwand des Patienten abzupunktieren; inklusive vergleichender Beschreibung wie ich das so fand, im Gegensatz zur Beurteilung eins außenstehenden, imaginären Zuschauers.

Ich stand nun da mit dem Ultraschallgerät, suchte die Flüssigkeit im Pleuraspalt und zeigte dem überwachenden Arzt meinen bevorzugten Punktionspunkt.
Arzt: „Ja PJler, gut, den kannst du nehmen.“
„Haha“, dachte ich, „wie toll ich das gefunden habe! Sofort! Auf Anhieb; diese riesengroße nicht zu übersehende Flüssigkeitsansammlung, die den halben Ultraschallbildschirm einnimmt.“
Ich begann die weiteren Vorbereitungen und konzentrierte mich angestrengt auf das korrekte Anziehen der sterilen Handschuhe: „Ouhh jetzt nur nicht den rechten Handschuh auf die linke Hand. Hm. Konzentration. Das muss der richtige Handschuh sein. Nichts unsteril machen! Ahhhh. Langsam. Haha. Alle Finger im richtigen Fingerfach. Und laaaangsam. Andererer Handschuh. Puh. Fertig. War das nicht ein perfekter Anziehvorgang?“
(„Gnaa“, denkt sich hier der unsichtbare Zuschauer, „ sie hat Handschuhe angezogen. Yay.“)
Der Arzt reichte mir nun routiniert Punktionszutaten steril an, was zu einem weiteren größenwahnsinnigen Anfall meines Gehirns führte: „Wow, jemand reicht mir Dinge steril an. MIR! Das ist  unglaublich. Normalerweise läuft das anders herum!“
(„Jo, sie legt sterile Dinge auf eine sterile Ablagefläche. Hmhm“; auch der unsichtbare Zuschauer ist begeistert, ob der Dramatik.)
Tief durchatmende versuche ich nun mit der Hand keine größeren Zitterbewegungungen auszuführen und die Punktion der riesigen nicht zu verfehlenden Flüssigkeitsansammlung gelingt tadellos. Euphorisch bestätigt mir mein Gehirn, dass dies eine großartige Leistung war. Überaus großartig!
(„Diese Punktion sah aber leicht aus“, denkt sich der unsichtbare Zuschauer, „ das könnte ich auch.“)
„Super PJler“, sagt nun der Arzt, „wenn du die Flüssigkeit vollends abpunktiert hast, klebst du noch ein Pflaster drauf. Hast ja schon mal zugeschaut und weisst wie es geht. Ich geh‘ mal einen wichtigen Arztbrief schreiben. Tschüss.“
„Wow“, begeistert, dass man hier sogar die Kompetenz zutraut die Prozedur allein zu beendenden, entferne ich kurz darauf enthusiastisch die Kanüle und bringe das Pflaster an.
(„Aha, sie klebt ein Pflaster drauf. Spannend…“, der unsichtbare Zuschauer wird nun durch starken Harndrang abgelenkt und verlässt das Zimmer in Richtung Toilette.)
Euphorisch über die gelungene Punktion räume ich auf und nehme die Gratulationen des Patienten entgegen: „Joa, ham‘ sie gut gemacht.“

Sonntag, 7. Juli 2013

Verwechslungsgefahr

Visite früh am Morgen: Engagiert läuft die Stationsärztin durch alle Zimmer. Fast-schon wach nehme ich auch teil und hänge unauffällig über dem Visitenwagen. Hier trage ich in Patientenkurven ein, was die Patienten so über ihr tägliches Ergehen berichten.
 Gerade quetsche ich noch von der letzten Patientin etwas über Husten in der Nacht und Schmerzen im Knie, auch nachts in die letzte Zeile, während sich die Ärztin schon um das defekte Pulverinhalationsgerät des Nebenpatienten kümmert.
„Es funktioniert nicht! Da kommt gar nichts raus!“ die Patientin schüttelt demonstrativ den grünen Inhalator. Ich bin schon mal erfreut, dass ich im Augenblick nur Dokumentationsmensch bin und schlage erst mal die entsprechende Patientenkurve auf. Weiß ich auch nicht wie man so einen Inhalator repariert. Die Ärztin bastelt derweil am Gerät herum und ruft schließlich: „Aber Sie haben hier auch gar keine Inhalationskapel eingelegt!“ „Wie Kapsel?“ die Patientin ist verwirrt. „Na die haben sie morgens bekommen. Das sind Kapseln mit dem Wirkstoff, den sie dann inhalieren und die Kapsel müssen sie vor der Inhalation in den Inhalator legen!“
„Oh ach so“, sagt die Patientin, „die Kapseln, die habe ich heute Morgen einfach alle runtergeschluckt.“