Es war so mitten in der Nacht, 3 Uhr oder so. Ich saß in
der Notaufnahme herum und arbeite mich durch den stetigen Strom an Menschen,
die Nachts um 3 Uhr Probleme hatten.
Im Augenblick waren das:
1.) Herr
Banabas, von dem man eigentlich gedacht hatte, er habe einen Schlaganfall, aber
dann hatte der Neurologe festgestellt, der Patient habe ja Fieber und Husten, und ergo ein internistisches Infektproblem. (Danach
war der Neurologe erfreut ins Bett gegangen.)
2.) Frau
Glombotz mit Diarrhö und in der Folge ausgetrocknetem Allgemeinzustand aus dem
Altersheim.
3.) Herr
Blimbo, 20 Jahre alt mit vermutlich Erkältungsinfekt, aber das wusste ich noch
nicht so genau, weil ich Herrn Blimbo noch nicht „Hallo“ gesagt hatte.
4.) Die
Polizei mit einem Herrn, den sie in Haft nehmen wollten. Dieser habe aber
Alkohol konsumiert. Jetzt müsse eine Gewahsamkeitsfähigkeitsdingsprüfung her.
Von einem Arzt.
5.) Frau
Glimbo, welche Blut spuckte.
Ich hatte gerade Herrn Banabas zum Röntgen geschickt und
Frau Glombotz eine befeuchtende Infusion anhängen lassen, da spuckt Frau Glimbo
erneut Blut. Gleichzeitig rief das Labor an und erklärte Frau Glimbo habe einen
Hb-Wert von 8 g/dl. Ob das für uns von Interesse wäre? „Öh mittelmäßig“, sagte ich.
Aktuell war Frau Glimbo zwar noch wach und
kreislaufstabil, aber mein super Arztinstinkt, sah dies in recht naher Zukunft
ins Gegenteil umschlagen.
Meine restlichen Patienten verlassend rief ich also den
Endoskopie-Arzt an.
„Meh“, sagte der Endoskopie-Arzt, „was wollen sie? Die
Patientin ist doch stabil. Transfundieren sie Blut und klären sie die Dame für
eine Magenspiegelung morgenfrüh auf!“.
„Öh hm ok“, sagte ich unzufrieden. Dann bestellte ich zur
Sicherheit mehr Blutkonserven, legte Frau Glimbo einen weiteren großen
Venenzugang und hängte zwei Infusionen an.
„Blargh!“ sagte Frau Glimbo und erbrach mehr Blut. Danach
fiel ihr Blutdruck auf die Hälfte des Ausgangwertes ab und ich rief den
Endoskopiearzt erneut an, welcher nun grumpelig feststellte, dass morgenfrüh möglicherweise
doch zu spät für die Magenspiegelung war. Man müsse wohl doch gleich nach der
Blutungsquelle suchen.
Kurze Zeit später landeten wir also im Endoskopieraum:
Frau Glimbo, jetzt mit drei Venenzugängen, zwei Blutkonserven und zwei Infusionen
laufend, der Endoskopiearzt, die passende Schwester und ich.
Frau Glimbo blutete unterdessen weiter recht wild aus dem
Magen oder auch aus der Speiseröhre. So genau konnte man das nicht sehen vor
lauter Blut und während ich gerade mit der Blutbank um weiteres Blut und mit
einer Intensivstationsschwester um Gerinnungsfaktoren verhandelte, rief der
Endoskopiearzt: „Garrhl! Zu viel Blut! So kann ich nicht nach der
Blutungsquelle suchen. Das läuft uns alles in die Lunge! Wir müssen die Frau
intubieren und beatmen! Frau Zorgcooerations besorgen sie uns den
Anästhesisten!“
„Jawoll“, rief ich.
„Nee, nee!“ rief der Anästhesist, „Zorgcooperations ich
sitze hier gerade in einer Notfall - OP! Da kann ich nicht raus!“
„Intubieren!“ rief der Endoskopiearzt. Dies wollten aber
weder er noch ich tun, da inzwischen alles voller Blut war und Frau Glimbo
denkbar schlechte Intubationsbedingungen bot.
Glorreich rief ich also die Pforte an, ich bräuchte eine
Verbindung zum Anästhesie-Hintergrund-Oberarzt, welcher völlig verwirrt war, da
hier der falsche Assistenzarzt anrief (kein Anästhesist, sondern ein komischer
Internist.).
Nun denn der Anästhesie-Oberarzt wohnte direkt neben der
Klinik und fiel nach Ende der Verwirrung vom Bett in den Endoskopieraum.
Yay ho, nach einer schwierigen Intubation war die
Patientin intubiert und beatmet. Der Endoskopiearzt lokalisierte die
Blutungsquelle und alles war wieder gut… äh moment: „Gaaarghhl!“ rief der
Endoskopiearzt erneut nach längerer Suche. Ich kann die Blutungsquelle nicht
finden! Überall ist Blut, Blut, Blut. Besorgen sie mir so eine Sengstaken-Blakemore-Sonde
Frau Zorgcooperations!“
Eine solche Sonde hatte ich noch nie benutzt, sondern nur
theoretisch an der Universität für Ärzte gelernt. Man führt sie in die Speiseröhre
ein, pumpt dann Luft in die Sonde, woraufhin sich ein äh stakenförmiger Ballon
öffnet und für einige Stunden durch Druck mögliche Blutungen abdichtet.
„Äh zu Befehl“, rief ich und weil ich keine Ahnung hatte
OB wir überhaupt so eine Sonde hatten (die Endoskopieschwester zuckte hilflos
die Schultern) rief ich meine Freunde die Intensivfachkräfte an, welche
erklärte, „Öh ja, von dieser Sonde haben wir mal in der Intensivfachkraftschule
gelernt, aber benutzt haben wir das noch nie. Moment, wir glauben in einer
unserer 1000 gleichaussehenden Schubladen liegt noch ein 10 Jahre altes
Exemplar. Willst du das haben?“ „Ja bitte!“
Prompt brachte man mir nun die Sonde und leider gab es
keine Anleitung dazu, aber nach einer kurzen Experimentierphase, konnten wir
die ergatterte Sonde einlegen und dann transfundierte ich noch mehr Blut und
organisierte mein Gerinnungsmanagement und verlegt die Patientin auf die
Intensivstation und zack zack schon war ich fertig. Haha. 3h oder so.
Ich wanderte also zurück in die Notaufnahme. Herr Banabas
war vom Röntgen zurück und schlief friedlich. Frau Glombotz hatte die Infusion
erhalten und schlief auch friedlich.
„Huä?“ sagte ich. „Wo sind meine anderen beiden
Patienten?“
„Jaja“, sagte Schwester Margarita, „die Polizei hat ihren
äh Mandanten wieder mitgenommen, weil jetzt sowieso gleich Tag ist (??) und
dein Erkältungspatient hat gemeint: Wenn das alles so lange dauert, könne er
ja gleich heimgehen und morgens früh zum Hausarzt gehen. Dann ist er
gegangen.“
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