Samstag, 29. Oktober 2016

Flüssiger Stickstoff?



Und da schickte unser Arbeitgeber uns auf so eine Fortbildung: „Reanimation für alle möglichen Leute, vermutlich auch Ärzte“ hieß die.
Man knallte uns eine lebensgroße Puppe hin. Reanimiert sollte die werden. Kennt man ja. Prä-Führerscheinkurs. Als Arzt auch vom Studium. Hoffentlich. Lebendig wird sie nie die Puppe. Zum Glück. Das wäre ja schön gruselig. Dinge die man Nachts nicht treffen möchte und so ähnlich.
Naja. Es nahte die Fortbildungspause und auch wenn meine Freude an der Puppenreanimation jetzt nicht überaus groß war, wollte ich halt auch mal. Fortbildung und so. Doch bevor es nun so weit war, hatte der Übungsteilnehmer vor mir noch eine Frage:
„Sag mal Übungsanleiter, wie ist das mit der Defibrillation, wenn die Person nass ist?“
„Öh da wischt du sie halt trocken.“
„Und wenn sie in einer Pfütze liegt?“
„Da ziehst du sie raus.“
„Aha und moment, was ist wenn die Person ihr Bier umgeworfen hat und in Alkohol getränkt wurde?“
„Gute Frage Teilnehmer. Da wischst du sie trocken.“
„Hmhm ja, was ist aber wenn die Person voller Wandfarbe ist?“
„Jaja, ein kluger Gedankengang. Du entfernst die Farbe so gut es geht und defibrillierst dann.“
„Ahh, was tue ich nun aber bei Klebstoff?“
Wir besprachen nun das weitere individuelle Vorgehen für jeweils Desinfektionsmittel, Maschinenöl, und normales Salatöl. (Abwischen vor einer Defibrillation bietet sich jeweils an.)
Dann war die Übungszeit um und ich überlegte frustriert ob ich nicht noch die Frage nach Kerosin, Quecksilber und örgh flüssigem Stickstoff anbringen hätte sollte.


Samstag, 22. Oktober 2016

Aspirin-Ausstattung



Eines Tags fühlte sich Frau Gorbardi sehr schlecht und besuchte daher den Hausarzt ihrer Wahl.
„Sie sind aber blass“, sagte der Hausarzt der Wahl und diagnostizierte eine Blutarmut.
Zur Abklärung woher das denn in aller Welt käme, schickte er Frau Gorbardi in ein etabliertes Krankenhaus der Region. Das Klinikum Beteigeuze City.
Schnell hatten die Gastroenterologen auch einen plausiblen Grund gefunden. Ein größeres Magengeschwür sickerte kontinuierlich Blut hervor.
Nun war es aber so: Jedes Mal wenn Frau Gorbardi Kopfschmerzen hatte, nahm sie so ein Aspirin. Also alle 2 Tage. Das wollte sie auch gerne haben, während sie so in diesem Krankenhaus rumlag.
„Nein, nein!“ rief der Stationsarzt. (Das war ich). „Das ist ganz schlecht für die Magenblutung und das Magengeschwür. Das viele Aspirin ist vermutlich die Ursache für beides. Aspirin hat das leider als Nebenwirkung. Sie dürfen das nicht mehr nehmen.“
Frau Gorbardi nickte verständig und zusammen mit unseren Neurologen entwickelten wir ein extra neues Anti-Kopfschmerz-Konzept ohne Aspirin. Alles war gut oder so dachten wir und weil Frau Gorbardi so sehr blutarm war, planten wir sie noch zwei, drei Tage eine stationäre Überwachung.
Am Abend hielt mich Herr Gorbardi im Flur auf.
Er habe da eine Frage, das sei ihm nun etwas peinlich, aber naja, was wolle man machen. Ich schaute etwas verwirrt.
Ja, erzählte Herr Gorbardi, seine Frau habe ihn gerade angerufen, sie habe wieder die Kopfschmerzen. Ob er da nicht Aspirin mitbringen könne? Das Krankenhaus hier habe das nicht. Da würde kein Aspirin vorgehalten.
„Oh“, sagte ich und erklärte hier läge ein Missverständnis vor. Außerdem fühlte ich mich verpflichtet zu erwähnen, dass das Klinikum Beteigeuze selbstverständlich Großvorräte an Aspirin besäße, mit der man ganz Beteigeuze für Monate versorgen könne.


Samstag, 15. Oktober 2016

Therapie-Kühe im Sternenglühen

Herr Gun-Wenk litt am Endstadium eines miesen Tumors. Und an einem schweren Herzinfarkt. Gleichzeitig. Die Kardiologen der Uniklinik links von Beteigeuze bauten daraufhin motiviert 2 große Stents in ausgewählte Herzkranzgefäße ein. Nachdem sich Herr Gun-Wenk irgendwie nicht so schnell erholte wie geplant (großer Tumor und so), der Patient sowieso nicht links von Beteigeuze wohnte und es außerdem niemals so schön wie in seinem Heimatort Beteigeuze selbst war, ließ sich Herr Gun-Wenk nun heimatnah ins kompetente Klinikum Beteigeuze verlegen.

Zing. Herr Gun-Wenk ging es also nun nicht mehr im Uniklinikum links von Beteigeuze schlecht, sondern im Klinikum Beteigeuze City.
„Und hier Frau Doktor“, sagte Herr Gun-Wenk und zeigte mir einen Stapel offizieller Briefe, „da haben sie für mich so eine Reha betragt, die Ärzte in der Uniklinik. Aber ich weiß nicht ob ich das kann.“
„Hmhm“ sagte ich und starrte auf ein Formular, dass Herr Gun-Wenk zur Teilnahme an einer idyllischen Reha in Bad Polarstern gratulierte. Beginn: Übermorgen.
„Uh, also übermorgen wird das nichts. Ihnen geht es sehr schlecht. Und das mit dem Tumor wird vermutlich auch nicht besser. Ich bin mir nicht sicher ob sie überhaupt jemals fähig wären in so eine Reha zu gehen.“
Herr Gun-Wenk nickte erschöpft und meinte das habe er sich auch schon gedacht.
Ich holte mir sicherheitshalber die Zweit-Meinung des klugen Oberarztes ein, der da rief: „Eine Reha?! Das ist ja hirnrissig. Sagen sie die Reha sofort ab Frau Zorgcooperations!“
„Jep, zu Befehl. Reha absagen. Sofort.“
Kann ja nicht so schwer sein.
Herr Gun-Wenk lieh mir seinen Stapel an „Yay-Reha“-Briefen und ich sortierte mich durch buntes Briefpapier auf dem Reha-Klinikum Bad Polarstern im Sternenlicht erglühte, während öh Therapie-Kühe das Gras der Umgebung mähten: - Ihr Ansprechpartner: Frau Glühn - Aha.
„Ja hallo ich möchte diese Reha absagen.“ – „Oh ach so…. jaja… gut… also… habe ich notiert Frau Zorgcooperations. Aber bevor wir ihre Absage offiziell prozessieren können, müssen sie die Reha bei der Rentenversicherung des Herrn abmelden.“
Ah.
Fünf Minuten später fand ich Herrn Gun-Wenks Reha-Bewilligung durch die Deutsche Rentenversicherung.
„„Ja hallo ich möchte diese Reha absagen.“ – „Oh … aha … soso. Da müssen sie mir erst mal die Rentenversicherungsnummer des Patienten geben!“
„Die WAS?“
„Ohne die Rentenversicherungsnummer geht das nicht!“
Ich begann nun in der Vielzahl an Blättern nach besagter Nummer zu suchen, während die Versicherungsdame genervt über so viel Inkompetenz schimpfte, ohne Nummer ginge das nicht. Nachdem ein baldiges Finden der Nummer aber nicht erreichbar war, schaffte sie es schließlich Herrn Gun-Wenk anhand seines Namens in der Datenbank aufzutreiben. (Haha, ohne Nummer geht das nicht…)
Dann sagte sie noch: „Also Frau Zorgcooperations, wir haben ihre Absage jetzt vorgemerkt, ABER: bevor wir das weiterprozessieren können, müssen sie uns erst mal eine schriftliche Absage schicken. Mit genauer Angabe der Absagegründe.“



Sonntag, 9. Oktober 2016

Wer ist diese Frau?!



Eigentlich war es in den letzten Tagen sehr ruhig gewesen. Das Wetter war schön, Vögel flogen umher und zong schon war es wieder vorbei:
Station 12 näherte sich rapide der Vollbelegung. Frau Quirkem erhielt den vorletzten Platz und kurz darauf hielt mich Herr Quirkem Junior im Flur auf, ob ich nicht mal kurz kommen könne, mit der Bettnachbarin sei irgendetwas nicht in Ordnung. Leider sprächen sie alle nicht so gut Deutsch und wenn vielleicht einer von uns …?
Kein Problem.
Ich traf auf besagte Bettnachbarin: Frau Gahnznaf. Missmutig schaut sie mich an und sagte dann: „Wer ist diese Frau?“ Verwirrt glaubet ich, Frau Gahnznaf würde hier ebenso einen Anfall akuter Verwirrtheit erleiden und sagte: „Öh, ich bin ihre Stationsärztin. Wir haben uns erst vorhin bei der Visite getroffen!“
„Ich weiß wer sie sind!“ sagte Frau Gahnznaf empört, „und wer ist diese Frau?!“
„Oh ach, so das ist ihre neue Zimmernachbarin.“
„???“
„Eine Mitpatientin.“
„Die ist vorhin einfach so in mein Zimmer gekommen!“ erklärte Frau Gahnznaf verärgert, „und die Schwester haben lauter Sachen in die Schränke geräumt.“
„Öh, wissen sie Frau Gahnznaf, bis jetzt hatten sie ein Zimmer für sich alleine, weil nicht so viele Patienten da waren, aber nun geht das nicht mehr. Wir können nicht einfach Leute im Flur unterbringen, wenn in den Zimmern noch Platz ist. Sie haben nun einen Mitpatientin im Zimmer.“
„Hrmp! Jaja, ich möchte natürlich nicht, dass jemand im Flur liegt. Aber schauen sie: Die belegen alle Stühle! Was ist, wenn ICH Besuch bekomme.“
„Aktuell haben sie ja gar keinen Besuch und benötigen keinen Stuhl. Ich bin mir sicher man wird im Fall der Fälle die Stühle fair aufteilen können.“
Frau Gahnznaf empfand dies alles als Mist und ich hoffte inständig, dass Familie Quirkem möglichst wenig von dieser Konversation mitbekommen hatte.