Sonntag, 24. April 2016

Exanthem: Rot. Punktförmig. (Oder war das Superman von weitem?)



Im Klinikum Beteigeuze herrscht das Motto: „Jedes Problem, für das kein Arzt des jeweiligen Fachgebietes anwesend ist, ist ein internistisches Problem.“
Sie glauben, sie haben Dengue-Fieber? – Internistisch.
Ihr Auge juckt komisch? – Internistisch.
Sie haben einen seltsamen Ausschlag am Hals? – Internistisch.

„hmhm“ sagte ich, „sie haben also eine Salbe vom Hausarzt gegen den Ausschlag bekommen und das hat nicht geholfen.“
„JA!“ rief der Patient energisch, „und da dachte ich, gehe ich lieber mal gleich ins Krankenhaus!“
(Dahin wo es eben die richtigen Experten gibt. Wie öh zum Beispiel den Internisten.)
„Ah, hmhm.“
Ich fragte alle mein Standard-Ausschlagfragen, die vor allem auf folgende Punkte abzielten:
Ist es eine Allergie?
Ist es ein Infekt?
Ist es Superman?
Nichts traf zu. Und nachdem auch die Blutwerte schöner nicht hätten sein können, der Ausschlag an weder juckte noch schmerzte, sondern nur rot und punktförmig war (multipel punktförmig), nun nachdem dies also geklärt war, sagte ich dem Patienten:
„Ich schlage vor sie gehen nun nach Hause und morgen früh gleich zum Hautarzt. Ich denke es ist nichts akut Gefährliches. Sollten in der Nacht doch Probleme auftreten, dürfen sie natürlich gerne wiederkommen oder gleich in die Hautklinik fahren.“
Der Patient war einverstanden, ging und ich hörte nichts mehr von der Sache.
Haha, bis mich nach einer Woche der Oberarzt antelefonierte: „Frau Zorgcooperations! Sie haben da doch mal am Abend so einen Herrn behandelt. Exanthem am Hals und so.“
Ah jetzt, dachte ich, gleich wird man mir offenbaren, war für ein komisches Exathem das war. Ich war ja echt hochgespannt.
„Kein Plan was das ist!“ sagte der Oberarzt.
„Ist er nicht zum Hautarzt?“ „Neh, gibt doch ein vernünftiges Krankenhaus voller Internisten gleich um die Ecke! Auf jeden Fall, Frau Zorgcooperations, das Exanthem ist wieder da und der Patient sagt, sie hätten ihm an jenem Abend vor einer Woche eine Infusion gegeben. Das hätte super gegen den Ausschlag geholfen!! Was war das denn? Sie haben hier nichts dokumentiert!“
Huä? Ich hatte doch auch gar keine… ah moment… die Schwester hatte beim Blutabnehmen eine Kanüle gelegt und gleich eine Infusion mit physiologischer Kochsalzlösung angehängt…


Samstag, 16. April 2016

Anti-Gender



„Du Kollegin Zorgcooperations, ich habe gleich einen wichtigen Termin mit dem Fitnessstudio. Kannst du mir nachher noch die Kanüle für meinen Patienten Herrn Stumpfelrund legen?“
„Hm ok.“
„Hallo Herr Stumpfelrund, ich komme gerade noch um die Kanüle zu legen.“
„Aber…! Die Krankenschwester vorhin hat gesagt, die Kanüle darf nur ein Herr Doktor legen!“
„Öh, ich bin Ärztin.“
„…[längere Pause] … und was berechtigt sie dazu?!“
„Ich habe sechs und ein halbes Jahr studiert und die entsprechenden Staatsexamina abgelegt.“ Um diese Behauptung zu untermauern zeigte ich auf mein Arztnamensschild im Corporate Design der Klinik auf dem in Schriftgröße 11 Ärztin stand.
Der Patient schien nun verschiede Argumente im Kopf abzuwägen und willigte schließlich in eine Kanülenanlage durch so einen weiblichen Arzt ein.
Nach Beendigung dieses Vorgangs erklärte er sogar sehr, dass es schön war auch mal so eine junge Ärztin kennenzulernen. :)

  
10 Minuten später hielt mich eine mir unbekannte Frau im Flur auf und fragte energisch: „SCHWESTER! Können sie mir den Weg zur Anmeldung beschreiben?“



Sonntag, 10. April 2016

Magenspiegelungs-Aufklärungs-Performance


Herr Folb-Gnibzel, war in letzter Zeit immer verwirrter, wütender und noch verwirrter geworden. Deshalb sollte er in eine Psychiatrie ob man diesen Zustand nicht verbessern könne. Da die Verwirrtheit nicht neu war, hatte Herr Folb-Gnibzel schon einen bevollmächtigten Betreuer, seinen Sohn. Und da Herr Folb-Gnitzel aber neu Blut erbrochen hatte, sollte er vor dem psychiatrischen Aufenthalt noch kurz zu einem internistischen Aufenthalt bei uns vorbeischauen.
Herr Folb-Gnitzel bekam ein schönes Zimmer auf meiner Station und sein Sohn stellte sich bequem in den Türrahmen (deshalb ging die Tür auch nicht mehr zu). Ein strategisch günstiger Platz das. Jedes Mal wenn nun Herrn Folb-Gnitzels Sohn eine Frage hatte, konnte er mich gleich sehen und sofort fragen. Das war ungefähr immer dann wann ich mich der Tür auf 5 Meter genähert hatte.
Prinzipiell keine schlechte Strategie. Leider war es immer die gleiche Frage: Wann wir den Vater in die Psychiatrie verlegen würden und wie genau wir das tun würden. Mit Details und so.

Ha dachte ich mir, vielleicht kläre ich Vater und Sohn gleich über die Magenspiegelung morgen auf. Dann sind sie abgelenkt und alles wird weniger aufregend.
Einen Aufklärungszettel in der Hand setzte ich mich also neben Vater und Sohn und begann. Der Vater war schon so weit weg, dass er vermutlich nicht einmal meine Existenz wahrnahm. Der Sohn nickte etwas nervös. Meine ausführliche Magenspiegelungs-Aufklärungs-Performance näherte sich dem Ende, da unterbrach mich der Sohn: „Moment, moment! Sie sprechen gar nicht über die Verlegung in die Psychiatrie, sondern über die Untersuchung morgen?!“
Verwirrt hielt ich inne: Hatte ich nicht deutlich gesagt: „Nun werde ich sie über die geplante MAGENSPIEGELUNG aufklären.“ „So eine MAGENSPIEGELUNG blabla.. usw. Magenspiegelung… blabla weitere 50 Erwähnungen des Wortes Magenspiegelung.“ Währenddessen hatte ich eifrig mit einem Aufklärungszettel herumgewedelt, dessen Titel in Fettgedruckter Schrift da „Magenspiegelung“ war und auf dessen graphische Darstellung einer Magenspiegelung ich mit einem instabilen Krankenhauskugelschreiber repetitiv gedeutet hatte. Jop, ich hatte sogar mit krakeligen Strichen Ergänzungen eingezeichnet!
Verzweifelt überreichte ich dem Sohn nun den Zettel und erklärte er solle doch mal alles durchlesen und ich käme später nochmal. Dann ging ich schnell weg

Eine halbe Stunde später lief die Oberärztin über die Station und ich hörte schon von weitem eine bekannte Stimme fragen: „Und wie genau läuft das dann mit der Verlegung in die Psychiatrie?“








Samstag, 2. April 2016

Prä-Feiertag



Es war der Tag vor einem größeren Konglomerat an Feiertagen: Alle Patienten wollten nach Hause und die, bei denen das eine blöde Idee war, sollten zumindest optimal vorbereitet in die düstere Zeit ohne fürsorglichen Stationsarzt gehen.
Schon am Vortag hatte ich alles vorbereitet und haha heute würde ich dann pünktlich gehen. So.
„Meh“, begrüßte mich die Schwester gegen 8 Uhr früh, „schau‘ was dein Kollege vom Nachtdienst getan hat: 4 NEUE Patienten.“
„Meh“, sagte mein Blutabnahmeheinzelmännchen, „deine Patienten die haben alle so blöde Blutgefäße. Hier eine große Liste an Leuten, welche ich nicht erfolgreich anstechen konnte.“
Ich verbrachte die nächste Stunde damit bei Frau Gözzel eine winzige Vene am linken Zeigefinger zu punktieren, bei Herr Gruber lange Minuten darauf zu warten, dass das einzig kooperative, aber nicht überkooperative Blutgefäß am rechten Arm langsam meine Abnahmeröhrchen volltröpfelte und eine krumme Kanüle über Herrn Semonis Handgelenk zu versenken.
Dann bedrängte ich den Oberarzt noch zwei Ultraschalluntersuchungen zu machen (über die Feiertage macht das niemand, Oberarzt!) und der Oberarzt beschloss aus Rache, dass wir doch Frau Gözzel und Herrn Semoni heute doch entlassen könnten (warum habe ich gerade erst eine halbe Stunde damit verbracht, diese Kanüle zu legen?!)
Naja, ich machte dann Visite, entließ alle möglichen Patienten, tat das ganze Zeugs, dass Stationsärzte sonst noch so machen wie z. Bsp. den Oberarzt nochmal anrufen, wegen des Ultraschalls („Meh ich weiss!“).
Dann rief der Oberarzt ungehalten an, wo denn jetzt die Patienten blieben, für die ich einen Ultraschall gewollt hätte, er säße ja im Ultraschallraum und warte!!
„Huä, aber ich habe extra alle schon vor einer halben Stunde zu ihnen geschickt!“
„Wirklich?  Wie hießen die nochmal, die Patienten?
„Herr Huber und Herr Gruber. Die müssten schon lange…“
„Ahahaha, ja, die habe ich schon gemacht, da wusste ich gar nicht dass das ihre waren!“
Dann fiel dem Oberarzt noch ein, dass die genannten eigentlich auch morgen heim könnten, die hätten beim Ultraschall so drum gebeten, ich solle das doch noch organisieren. „Woah, was? Echt jetzt und ganz sicher Oberarzt? Sooo gesund sind die nicht!“ „Doch, doch, höre auf mein kluges Oberarzturteill! Lass sie heim. Da gehe ich jetzt auch hin. Tschüss treuer Stationsarzt, bis in 5 Wochen oder so.“
Pünktlich heimgehen für mich war jetzt auch vorbei.
Die Akten von Herrn Huber und Gruber sammelnd, traf ich auf die Stationsschwester, die sagte: „Oh, aber Frau Zorgcooperations jetzt schau‘ doch nicht so grimmig.“
Dann ging ich aus Versehen ans Telefon und wurde in ein halbstündiges Gespräch mit Herrn Hubers Ehefrau verwickelt, ob ich ihren Mann nicht schon heute heimlassen könne, weil das wäre praktischer zum Abholen.
Dann war es so dunkel draußen, dass man auch einen Eisbären übersehen würde und ich hatte noch nicht mal einen vorläufigen Entlasskurzbrief für die Herren erstellt.