Samstag, 5. Dezember 2015

Die Lunge der Frau Rozohdon



Frau Rozohdon rauchte seit ihrem 7.Lebensjahr. (Na gut eigentlich hatte sie erst 10 Jahre später damit angefangen, dies aber durch die Menge an Zigaretten wettgemacht). Ab einem gewissen Punkt hatte das Frau Rozohdons Lunge nicht mehr mitgemacht und eine sogenannte COPD produziert, eine Krankheit an der man ganz bestimmt nicht sterben möchte und die dazu führte, dass Frau Rozohdon konstant an Atemnot litt. Manchmal auch besonders viel Atemnot und deswegen lag Frau Rozohdon nun auf meiner Station.
Wir begannen eine großartige Kombination an Sprays voller Kortison und Infusionen voller Kortison, sowie Medikamenten, die die Bronchien weiten sollten und als Nebenwirkung den Pulsschlag in interessante Höhen beschleunigen können.
Frau Rozohdon fühlte sich dann etwas besser und fragte ob wir ihr für zuhause ein mobiles Sauerstoffgerät besorgen könnten. Sie hätte da schon so einen Sauerstoffkonzentrator, aber der wäre zu groß um nach draußen zugehen.
Da die Blutgasanalyse trotz Kortison in Dosen, bei denen Frau Rozohdon vermutlich Nachts gar nicht mehr schlief und auch gleich Amphetamine hätte nehmen können, das hat auch einen weitenden Effekt auf die Bronchien, ähm, also unsere Blutgasanalyse zeigte viel zu wenig Sauerstoff und zu viel Kohlenstoffdioxid in unserer Patientin Blut und so beschlossen wir ein transportables Flüssigsauerstoffgerät zu beantragen. Ich füllte ein Formular aus.
„WAAAS?!“ rief die freundliche Dame vom Sozialdienst und wedelte mit dem Antrag herum, „bist du noch ganz bei Trost?“
„Warum?“
„Die Frau Rozohdon treffe ich immer draußen beim Rauchen!“
„Oh“.



Ich ging also hin zu Frau Rozohdon und erklärte, dass das so nicht ginge. Flüssigsauerstoff ist brennbar. Gut brennbar. Vermutlich auch gut explodierbar. Gleichzeitig Rauchen und ein Flüssigsauerstoffgerät zu benutzen ist prinzipiell nicht empfehlenswert. Ganz davon abgesehen, dass es paradox wäre, ihr nun so ein mobiles Flüssigkeitssauerstoffgerät zu besorgen nur damit sie weiterhin regelmäßig zum Rauchen könne.
Frau Rozohdon sagte, das sei gemein und ignorierte meine überzeugenden Argumente wie: „Sie könnten schwer verletzt werden!“ „Sie brennen ihr Haus ab!“ und „Sie werden unauffällige Passanten in der Explosion umbringen!“
Sie entschied sich dann für’s weiterrauchen, ging heim und um unsere ablehnende Entscheidung bezüglich des Flüssigsauerstoffs zu begründen, verwendete ich zum ersten Mal die Wörter „Brand- und Explosionsgefahr“ in einem Arztbrief.

2 Kommentare:

  1. Hallo, gerade deinen Blog gefunden, schick! Bin selbst bald Medizinstudent (bzw. Du bist wohl schon Assi?) und lese mich natürlich schon fleißig überall rein.

    Zu dem Beitrag: Habe selber asthma bronchiale, chronisch sowie starkes allergisches Asthma. Bekomme ich gut in den Griff mit den oben aufgeführten inhalativen Glukokortikoiden. Nur manchmal sind trotzdem Spitzen da, welche dann mit schnellwirksamen Bedarfssprays ausgebessert werden. Ich komme gut damit zu recht, nur wäre es ganz ohne natürlich schöner. Wenn ich dann sowas sehe, ensteht bei mir eine Mischung aus Wut und Unverständnis.
    Nikotin kann man problemlos abdosieren, nur MUSS der Wille da sein.


    Hoffe auf weitere Beiträge! lg peripher

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  2. Nein Sauerstoff ist nicht brennbar auch Flüssigsauerstoff nicht.
    Allerdings brennt z.B. eine Zigarette mit reinen Sauerstoff schneller ab als in Luft (21 % Sauerstoff).

    https://www.youtube.com/watch?v=JD3hHxk70A4

    Die Dame kann also ihren Zigarettenverbrauch noch deutlich steigern. ;-)

    Auch wenn die Brand und Exposionsgefahr nicht ganz so hoch ist wie du glaubst macht es wenig Sinn der Frau eine Anlage zu Verfügung zu stellen, da durch das rauchen der therapeutische Zweck zunichte gemacht wird :-(

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