Samstag, 28. Februar 2015

Gnö, so Herzarbeit, das ist echt voll anstrengend!



Und dann brachten sie eine Patientin von der Notaufnahme auf meine Station. „Verdacht auf Herzrhythmusstörungen“. Ich warf einen Blick auf den Überwachungsmonitor, der sofort in wildes Alarmpiepsen ausbrach und eine lustige Nulllinie anzeigte. Dann schlug das Herz der Patientin weiter und ich fragte sie besorgt, wie sie sich denn fühle. Naja, solange sie sich nicht bewege, wäre alles gut, aber sobald sie aufstände würde ihr schwindelig. Ich vergrub hastig mein Stetoskop in ihrem Dekolltée und suchte nach dem Puls. Passend zur hässlichen Monitorkurve schlug das Herz der Patientin nicht mit einem regelmäßigen „Glomp-glomp, glomp-glomp, glomp-glomp“, sondern eher mit einem „Glomp-glomp …. [nichts] …. [lalalala] … [jop, ok jetzt wieder] glomp-glomp, glomp-glomp … [gnö, so Herzarbeit, das ist echt voll anstrengend!] … [laaaa] … [lala] … glomp-glomp“ "Oh, ähm, gut, bewegen sie sich mal nicht weiter!“ befahl ich, lief rückwarts aus dem Zimmer, ließ zur Sicherheit die Tür offen stehen und griff nach dem Telefon. 


Dies war ein klarer Fall für SUPERMAN! Hier fiel mir ein, dass ich dessen Nummer leider verlegt hatte, aber meine freundliche Oberärztin würde es auch tun. Oh ja, krank war die. „Der Dr. Oberarzt Nummer Zwei ist heute auch krank!“ sagte meine Krankenschwester und drückt nervös den Monitoralarm weg. Ob die gestern alle eine wilde Party gefeiert hatten? Da ging endlich Oberarzt Nummer 3 an Telefon; dachte ich. „Jaaa, Schwester Gundel für Dr. Drei???“ „Öh Mist, ich bräuchte dringend Herrn Dr. Drei hier!“ „Also“, flötete Schwester Gundel freundlich, „wo der ist wissen wir auch nicht. Der hat hier nur sein Telefon liegen lassen.“
„JETZT MACH‘ DOCH ENDLICH WAS!“ rief meine anwesende Schwester verzweifelt und starrte weiter auf den Monitor, der wild blinkend anzeigte, dass das Herz meiner Patientin seine Arbeit so nicht korrekt verrichtete. Durch die offene Zimmertür konnte ich sehen, dass sie zwar soweit noch wach und lebendig war, fragte sich nur wie lange noch.
Ich begann nun abwechselnd den letzt möglichen Oberarzt anzurufen (besetzt), sowie sämtliche Orte, an denen sich Oberarzt Drei möglicherweise aufenthalten könnte. Kurz bevor meine Krankenschwester in einen hysterischen Anfall verfiel, ging schließlich Oberarzt Vier ans Telefon, unterbrach sein Mittagessen und baute der Patientin glorreich einen Herzschrittmacher ein.  

Samstag, 21. Februar 2015

Wollen sie mich etwa behandeln in diesem Krankenhaus?!

Und dann kam eine freundliche Schwester zu mir und sagte: „Der Herr Baumler, der will keine Infusion.“ Also ging hin zu Herrn Baumler. Der saß grimmig in seinem Bett und starrte  mich mit zusammengekniffenen Augen an. „Hm ja“, sagte ich, „in dieser Infusion ist ihr Antibiotikum drin. Das brauchen sie.“ „Nein!“ sagte Herr Baumler.
„Gibt es einen spezifischen Grund dafür?“
„Nein, ich will keine Infusion!“
„Überlegen sie mal, warum sind sie denn gekommen?“
 „Ja weil es mir so schlecht geht.“
„Hmhm. Wir könnten ihnen schon helfen, aber da müssten wir halt diese Infusion…“
„NEIN!“
„Naja, dann wird es Ihnen aber weiter schlecht gehen, dann ist ihr Aufenthalt hier sinnlos!“ 


Diese brilliante Argumentation wollte Herr Baumler auch nicht akzeptieren und so drehten wir uns argumentativ mehrere Male im Kreis.
„Wir könnten ihnen das Antibiotikum auch als Tablette anbieten“, schlug ich am Ende verzweifelt vor, „das wäre halt schlechter wirksam, aber besser als nichts.“ „Nö“, sagte Herr Baumler. Er nehme sowieso schon so viele Tabletten.
Inzwischen fiel der Bettnachbar vor Lachen fast aus dem Bett.
Weitere 10 min später hatte ich Herrn Baumler zwar überzeugt, dass ich ein Arzt und keine Krankenschwester wäre, ein weiteres Medikament wollte er trotzdem nicht. „Ich nehme NUR was mir mein Hausarzt verschreibt“, erklärte er schließlich gewichtig.
„Haha“; dachte ich und rief den Hausarzt an. Mit diesem am Telefon wanderte ich zurück zu Herrn Baumler und drehten dem das Telefon samt Hausarzt in der Leitung an. Eine längere Diskussion später, erklärte mir der Hausarzt erschöpft, der Patient sei nun bereit mit einem Antibiotikum behandelt zu werden.
Herr Baumler war dann den restlichen Aufenthalt sehr begeistert von mir. Mein Oberarzt sagte nur, was ich denn in aller Welt bitte eine komplette halbe Stunde lang mit dem Patienten diskutiert hätte.

Samstag, 14. Februar 2015

Die Gichtablagerung oder auch wie dann das totale Chaos ausbrach.


Und dann sagte der Oberarzt: „Moment, diese Frau hat bestimmt Gicht und die Knubbel an den Fingern sind Gichtablagerungen. Lasst uns eine Gewebeprobe davon nehmen!“ Er schrieb hierfür eine Anforderung an die Allgemeinchirurgen und bis dahin hatte ich auch weder Ärger noch Arbeit damit. Das war schön.
Dann kam eine Krankenschwester zu mir und sagte: „Duuuu Frau Zorgcooperations, der Allgemeinchirurg war da und hat gesagt, er nimmt keine Biopsie, das sieht man doch auf 100m Entfernung, dass das Gichtablagerungen sind!“  Super. Ich kann doch nicht in meinen Brief später schreiben: „Gicht. Ablagerungen visuell vom allgemeinchirurgischen Oberarzt sicher zugeordnet.“ Kurz überlegte ich stattdessen eine Biopsie-Anforderung an die Unfallchirurgen zu schicken, hatte aber die Befürchtung, würde dies bekannt werden, so wären die Chirurgen auf Jahre verärgert.


Also rief ich den Allgemeinchirurgen an, was er denn die tolle Biopsie nicht täte und ob er sich hier offiziell weigere. Der vermutlich langsam genervte Chirurg sagte, na gut er käme in zehn Minuten und ich hoffte mal er käme zur Biopsie und nicht um sich lautstark bei mir persönlich zu beschweren was das denn für eine dumme Idee wäre.
Aber er kam tatsächlich zur Probenentnahme, schnitt der armen Frau ohne Betäubung ein Loch in den Finger und rannte dann weg zu einer wichtigen OP. Dies überließ uns nur (haha nur) noch die Aufgabe die glibberige Ablagerung aus dem Loch zu fischen und in ein Gefäß (was für ein Gefäß?!) zu bugsieren sowie zu Analyse (WOHIN?) zu schicken.

Da hatten wir also die „Biopsie“ und da alles so plötzlich passiert war, waren wir auch völlig unvorbereitet. Eine Krankenschwester hielt freundlich die Hand der Patientin und eine weitere rief im Labor an, wo genau wir denn die Gichtablagerung rein tun sollten. Das Labor war ebenso überfordert und am Ende habe wir es vorerst mal in Urinprobenröhrchen transferiert. Die Patientin dachte derweil vermutlich: „Warum bin ich nur von solchen Idioten umgeben?!“
Dann rief ich selber im Labor an und am Ende lief ich mit meiner Gichtprobe in der Hand persönlich hin. Die Laborfrau schaute alles erstaunt an und sagte, so glibberige gelbe Sachen könnten sie hier nicht mikroskopieren! Also fragte ich hoffnungsvoll den Oberarzt WAS ICH DENN NUN IN ALLER WELT mit dieser Gichtablagerungsprobe anfangen solle. Der Oberarzt gratulierte mir zu Überzeugung des Chirurgen und sagte dann: „Das macht das Labor.“ Haha.
Nachdem ich in der Pathologie angefragt hatte: „WAS wollen sie? Probieren sie es mit dem Labor der Uniklinik.“ Rief ich also da an und tatsächlich, hier könne man gern meine Probe analysieren.
In was für einem Gefäß sie das denn gerne hätten?
Öm, ein Lithium-Heparin-Röhrchen.
Ok.
Anschließend ließ sich im ganzen großen Krankenhaus kein einziges Lithium-Heparin-Röhrchen auftreiben. Da habe ich es in ein anderes Röhrchen getan. Wahrscheinlich können sie es jetzt nicht mehr analysieren und wir brauchen eine neue Biopsie.

Samstag, 7. Februar 2015

Drei Tage!


Da war ich also der Arzt vom Dienst oder auch mit dem Dienst und trug das Diensthandy mit mir herum, auf dem ein Haufen Leute anrief, die irgendetwas sagten wie z.B.: „ICH WILL EINEN ARZT SPRECHEN!“ „Ja, sie sprechen mit einem.“
Schon allein die Begrüßung hätte mich misstrauisch werden lassen sollen: Dies war das Dienstarzthandy. Hier riefen Hausärzte an um ihre Patienten anzumelden oder Krankenschwestern, die jemand brauchen, der eine Kanüle legt. Die wissen alle, dass ein Arzt am Telefon ist, weshalb sich der Dienstarzt auch faulerweise nicht mit „Dienstarzt Müller, Klinikum Beteigeuze, was kann ich für sie tun?“ meldet, sondern nur unfreundlich „Müller!“ ins Telefon ruft.
Äh ja. Mein Anrufer fing sich wieder: „Ich habe seit drei Tagen keinen Stuhlgang!!“  
„Ah“, dachte ich und antwortete verwirrt, „Waren sie denn schon beim Hausarzt?“
„NEIN! Der ist im Urlaub.“ 


„Naja, aber da gibt es sicherlich eine Vertretung.“
„Ja nö, weiss ich nicht. ABER ICH HABE SEIT DREI TAGEN KEINEN STUHLGANG!!“
„Haben sie denn mal ein Abführmittel versucht? Da gibt es auch gut verträgliche…“
„NEIN! Die haben sie mir mal verschrieben, aber die benutze ich nicht!“
„Ah… da würde ich empfehlen sie gehen zu ihrem Hausarzt..“
„Der ist im Urlaub!“
„Der Vertretung ihres Hausarztes…“
„Aaaaber, als ich hier in der Sprechstunde eures führenden Super-Gastroenterologen war, da hat der gesagt, bei Problemen könne ich jederzeit kommen!!!“
„Ok, also ich rufe jetzt für sie den Gastroenterologen an und frage da mal nach“, sagte ich nachdem das Gespräch inzwischen 10 Minuten dauerte und das Wort Stuhlgang sich exponentiell zu häufen begann.
Der Gastroenterologe erinnerte sich glücklicherweise gleich an den Patienten und sagte grummelig, das hätte er mit „Problemen“ nicht gemeint, aber am Ende haben wir den Patienten trotzdem aufgenommen.