Sonntag, 18. August 2013

Der Unterrichts- und Übungsraum



Es ist 8 Uhr morgens. Ich sitze im Untersuchungszimmer und warte auf Herrn Grimzim um ihn auf Station aufzunehmen. Herr Grimzim erscheint. Freundlich reiche ich ihm meine Hand: „Hallo ich bin Frau PJlern, bin Medizinstudentin u…“
„OH!“ unterbricht mich Herr Grimzim erschrocken, „bin ich hier falsch?!!“
Huä? Verwirrt blicke ich Herrn Grimzim an. Denn erkenne ich, dass Herr Grimzim eigentlich einen fähigen, ärztlich aussehenden Arzt erwartet hat, bei der Erwähnung des Wortes „Medizinstudentin“ nun aber glaubt, im Unterrichts- und Übungsraum für experimentierfreudige, aber völlig inkompetente Anfängermedizinstudenten gelandet zu sein.
Bin mir nicht sicher, ob ihm meine Erklärungen über die große Kompetenz von PJlern (fast Arzt! Ähm.) und dass natürlich später auch ein ärztlicher Arzt vorbeikommen würde, beruhigt haben.

Montag, 12. August 2013

Das Ultraschallgerät

„Oh PJler“, ruft der Oberarzt verzweifelt, „kannst du mir einen Gefallen tun?“
Während ich noch vorsichtshalber denke: „Vielleicht…“ spricht der gestresste Arzt schon weiter: „Unsere Station 62R.1 braucht dringendst ein Sonographiegerät. So schnell wie möglich. Kannst du ihnen nicht kurz unser Gerät vorbeibringen?“
Da ich ja nett bin und der Station 62R.1 auch gerne helfe, suche ich mir also schnell das gewünschte Ultraschallgerät und schiebe es schnell durch’s halbe Krankenhaus.
Auf Station 62R.1 treffe ich auch gleich eine nette Krankenschwester und kündige ihr das so gewünschte Gerät an.
Hier hätte ich jetzt ungefähr eine solche Reaktion erwartet:
„Oh Frau PJlerin, super dass sie so schnell gekommen sind!“ Mehrere Ärzte stürmen jubelnd aus einem Zimmer und entreißen mir dankend das Gerät um eine lebensrettende Ultraschalluntersuchung durchzuführen. Zum Dank überreicht man mir ein Stück Kuchen und ich verschwinde heldenhaft zurück auf meine Station.
Stattdessen sagt die Krankenschwester: „Ein Sonographiegerät?? Ich weiß von nichts.“ Sie geht erst mal weg und kommt nach einer Weile mit einem Arzt zurück. Der schaut mich misstrauisch an und meint: „Wir brauchen hier kein Ultraschallgerät. Sind sie sicher, dass sie auf der richtigen Station sind?“ „Ja! Und es hieß sie bräuchten hier auf 62R.1 sofort ein Ultraschallgerät!“ „Also wir brauchen keins“, sagen der Arzt und die Schwester. Ich überlege ob ich samt Gerät einfach gehen sollte.
„Naja“, sagt die Krankenschwester, „fragen sie vorn drüben im Arztzimmer nochmal nach.“ Demotiviert lasse ich das Gerät erst mal am Stationseingang stehen und treffe im Arztzimmer einen gelangweilten weiteren Arzt. „Hatten sie eventuell angerufen wegen eines Ultraschallgeräts?“ „Joa“, sagt der Arzt, „wo haben sie das denn hingestellt?“ „Vorn an der Station.“ „Ok gut. Ich hol‘ es dann. Tschüss“, sagt der Arzt ohne Aufzustehen.
Hmhm.

Dienstag, 6. August 2013

Die Mafia



Gerade stehe ich im OP herum und tue nichts, als mir eine aufgeregt Anästhesieschwester zuflüstert: „Der nächste Patient, das ist vermutlich ein Krimineller! Der hat Verbindungen zur japanischen Mafia.“ „Aha“, denke ich mir und lese misstrauisch den OP-Plan auf dem ein asiatisch aussehender Name aufgeführt ist. Weitere Anwesende wissen mehr Details wie z.B.: der Mann habe immer einen Bodyguard und einen Privatbutler bei sich und seinen Aufenthalt bezahle er in bar. „Das hört sich ja alles sehr realistisch an“, denke ich mir weiter, beschließe aber bei der entsprechenden Narkoseeinleitung zufälligerweise woanders zu sein. Diesen Vorsatz ersetzt mein eifriges Gehirn kurz darauf mit der wichtigen Information, dass Tossy II eine Ruptur des Ligamentum acromioclaviculare und eine Überdehnung des Ligamentum coracoclaviculare meint.
Hierauf laufe ich kurz später unbedarft in den Narkoseeinleitungsraum, wo schon ein Mann mit großflächigen Drachentattos liegt.
„Hallo PJler! Wie schön, dass du da bist. Du hilfst doch kurz bei der Narkoseeinleitung?!“ ruft der Anästhesist fröhlich. Er steht mit der Anästhesieschwester am anderen Ende des Raumes und trägt Dinge in das Protokoll ein. Zum Glück scheint man den Privatbutler und den Bodyguard nicht mit reingelassen zu haben.
„Fang‘ doch schon mal an mit der Präoxygenierung!“ ruft der Anästhesist.
„Ja hallo“, begrüße ich den Patienten, „und hier halte ich ihnen einen kleine Maske vor, aus der Sauerstoff kommt.“
„Er spricht nur Englisch und Japanisch!“ ruft der Anästhesist jetzt vom Fußende des Patienten aus, wo er mit den Narkosemedikamenten bereitsteht. Am Fußende?! Die Schwester verschwindet unauffällig hinter dem Narkosewagen. Zufälligerweise vergesse ich in diesem Augenblick sofort die englischen Wörter für „Sauerstoff“, „Maske“, „tief einatmen“ und ähnliches. Das ist aber egal denn der Anästhesist hat sich nun neben den Patientenarm mit der Kanüle geschlichen und besonders schnell alle seine Schlafmedikamente gegeben. Zoing. Innerhalb Sekunden schläft der Patient. Gesagt hat er bis jetzt nichts. Die Anästhesieschwester kommt wieder hinter dem Narkosewagen hervor.
„Naja“, denke ich mir, „zum Glück habe ich wie alle im OP eine Haube und einen Mundschutz an. So erkennt mich der Patient nie wieder und ich bleibe der japanischen Mafia unbekannt.“
Zugunsten dieses aufregenden Erlebnisses, vergesse ich dann noch schnell die Definition von Tossy II.