Sonntag, 30. Juni 2013

"Nein, mir geht es super."

Frau Britzel fiel zuhause um. Niemand weiß weshalb. Deshalb ist sie jetzt im Krankenhaus. Irgendjemand soll da mal einen Schellongtest machen. Sagt der Oberarzt. Irgendjemand bin ich, denn kein anderer sonst hat Zeit und Lust den langweiligsten Test der Welt zu performen.
Also erkläre ich Frau Britzel ausführlich sie müsse jetzt eine Weile rumliegen, dann schnell aufstehen, länger stehenbleiben, sich wieder hinliegen, während ich im 2-Minutenabstand seinen Blutdruck messe und schaue was so passiert. Am Ende kann ich dann beurteilen ob ihr Blutdruck normal auf diese Aktionen reagiert und ob der Grund für das heimatliche Umfallen womöglich etwas damit zu tun hat.
Frau Britzel scheint verständig und der Test beginnt: Frau Britzel liegt 10 Minuten da. Ich messe fleissig Blutdruck und Puls, trage alles in meine lustige Kurve ein, motiviere Frau Britzel schließlich schnell aufzustehen; alles klappt wunderbar und die Liegekurve macht sich schon mal gut im Diagramm.
Nach einer Minute im Stehen muss Frau Britzel auf Toilette. Naja ob das vielleicht noch eine Viertelstunde warten könne? Sonst müssten wir den Test gleich nochmal von vorne anfangen. Frau Britzel geht trotzdem erst mal auf’s Klo.
Da geht er hin mein toller Test, frustriert drucke ich mir ein neues Kurvenblatt aus, ärgere mich eine halbe Stunde und beginne den nächsten Versuch.
Frau Britzel liegt rum. Klappt gut. Frau Britzel steht auf. Geht auch wunderbar. Frau Britzel steht. Ich überlege,  ob der Toilettengang von vorhin vielleicht einen diagnostischen Wert hat und ob Frau Britzel eventuell gleich wieder auf’s Klo verschwindet. Während ich diesen klugen Gedanken nachsinne, passiert aber nichts. Nur der Blutdruck sinkt. Frau Britzel versichert sich gut zu fühlen, beschwert sich über den langweiligen Test und dass ihre Geduld bald am Ende sei. Eine Messung später hat Frau Britzel den Blutdruck eines jungen Mädchens. Naaaiiin, sie fühle sich super. Aber was das eigentlich für ein S*****-Test wäre und wann sie sich endlich wieder hinlegen könne. Naja in fünf Minuten oder so. Frau Britzel ärgert sich weiter, lässt sich aber zum Stehenbleiben animieren, während ich interessiert ihre Blutdruckkurve betrachte. Der Druck ist nun so niedrig, dass ich ihn fast nicht mehr messen kann. „Sind sie sich sicher, dass sie sich gut fühlen?“ „Ja total.“ „Wirklich? Sie sehen gerade sehr blass aus!“ Frau Britzel schwankt jetzt auch komisch und ihr Ehemann, welcher von einem bequemen Stuhl aus das Drama betrachtet, ruft plötzlich: „Genauso sah sie aus, bevor sie umgefallen ist!“ „Ah“, denke ich mir und befördere Frau Britzel schnell ins Bett. Das Umfallereignis an sich möchte ich nicht so gern reproduzieren. Jetzt noch einen tollen Pfeil auf die Kurve malen und hinschreiben: „TEST POSITIV“. Frau Britzels Blutdruck erholt sich im Bett ganz exzellent und die einzige Beschwerde ist, was das denn für ein bescheuerter Test wäre.

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