Sonntag, 9. Juni 2013

1980, als ich im Urlaub in Frankreich war...



Herr Gunzelhuber liegt im Bett vor mir und hustet. Deswegen ist er in die Notaufnahme gegangen. Die Notaufnahme hat ein tolles Protokoll erstellt und Herrn Gunzelhuber samt Protokoll schnell auf unsere Station verlegt. Es muss Platz sein auf der Notaufnahme.
Jetzt muss nur noch jemand Herrn Gunzelhuber offiziell auf der Station aufnehmen. Das mache ich. Mit einem Stationsaufnahmeprotokollbogen. Ha.
Als erstes suche ich mir einen Stuhl zum Sitzen, denn lange vor dem Patient rumstehen ist viel zu anstrengend. (Die Idee mit dem Stuhl sollte sich hier als Gold wert auszeichnen.)
„Also Herr Gunzelhuber, ich habe ja schon das Notaufnahmeprotokoll gelesen, aber vielleicht können sie mir nochmal kurz erzählen, wie das mit dem Husten und der Luftnot war?“
Herr Gunzelhuber holt tief Luft und erzählt „ [Einleitende Sätze zum Husten]…und dann nahm ich dieses Antibiotikum…“
Hä, Antibiotikum, denke ich mir, gerade sagte er noch, er wäre nicht zum Arzt gegangen, woher kommt denn dann das Antibiotikum?!
„Moment sie haben ein Antibiotikum eingenommen?“
„Ja, als ich hier im Krankenhaus war, wegen meines entzündeten Beines letztes Jahr, da habe ich ein Antibiotikum bekommen. Intravenös. Ich bin mir nicht sicher wie es hieß. So ähnlich wie Penicillin.“ Es folgt eine längere Schilderung des letzten Krankenhausaufenthaltes von letztem Jahr und Details zur damaligen Antibiotikatherapie. „Ja, ähm Herr Gunzelhuber, wenn ich hier unterbrechen darf, ich wollte fragen wegen des Antibiotikums, von dem sie davor sprachen. Das sie eingenommen haben?“ „Genau. Und später war ich ja in der Reha. Das war anfangs diesen Jahr. Da hatte ich dann so Tabletten. Die waren rund und gelb. Mit einer Kerbe in der Mitte.“ Diesmal unterbreche ich verzweifelt etwas früher. „Und jetzt nach dem Rehaaufenthalt nehmen sie ein Antibiotikum? Wegen des Hustens?“ „Ja vor vier Monaten hatte ich so eine Erkältung und da hat mir der Arzt ein Antibiotikum verschrieben. Herr Dr. Müller. Der ist die Vertretung meines Hausarztes.“ Irgendetwas mache ich mit meiner Fragetechnik falsch. Inzwischen erzählt mir Herr Gunzelhuber seit 10 min sämtliche Begebenheiten seines Lebens, die im entferntesten mit einem Antibiotikum zu tun hatten.
„NEHMEN SIE JETZT IM AUGENBLICK EIN ANTIBIOTIKUM?“
„Ähm, nein.“
„Ok, kommen wir zurück zu ihrem Husten. Wann hat das angefangen?“
„Wissen sie, 1980 als ich im Urlaub in Frankreich war, da….“

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