Sonntag, 27. Oktober 2013

Gut für die Gesundheit

Herr Krumpel hat seinen Arm in einen Gilchristverband eingewickelt. Dieser Verband besteht aus einer komplexen Anordnung von Bändern, die nur die geübte chirurgische Schwester durchschaut und fesselt den Arm des Betroffenen an seinen Oberkörper. Zur Ruhigstellung der Schulter. Was auch immer Herr Krumpel mit seiner Schulter getan hat. Da der Arm durch den Gilchristverband gerade unbenutzbar ist, kann Herr Krumpel nun seinem Jogginganzug nicht mehr anziehen und wedelt hilflos mit dem noch mobilen Arm das Oberteil herum. Er tut mir schon sehr Leid, wie er nun kaum bekleidet im Zimmer rumsteht und ich biete schnell meine Hilfe an. Herr Krumpel ist etwas besorgt, dass seine Nieren auskühlen könnten, und es ist schwierig ihn trotz gegilchristeten Arms passend einzukleiden, aber am Ende habe ich beide Nieren glorreich bedeckt. Herr Krumpel bedankt sich und begibt sich sogleich gewappnet gegen Erkältungen und Nierenbeckenentzündungen auf einen kleinen Spaziergang. „Wie schön“, denke ich mir, „so ein Spaziergang muntert ihn wieder auf und ist bestimmt gut für seine Gesundheit.“ Währenddessen betritt Herr Krumpel mühevoll den Patientenbalkon und packt eine große Schachtel Zigaretten aus.
Ähm genau, gut für die Gesundheit oder so ähnlich, der Spaziergang…

Sonntag, 20. Oktober 2013

Studenten und Ärzte

Und dann ging ich zum Blutabnehmen in Zimmer 101.8, das voller missmutiger Frauen war außer Frau Zimbl-Wimbl. Zum Glück haben alle gute Abnahmevenen, wie ich schon aus der Erfahrung vorheriger Tage wusste. Frau Müller-Hahnenstein, neben Frau Zimbl-Wimbl hat zudem ein schlechtes Gedächtnis. Das ist superpraktisch, denn vor Monaten lag Frau Müller-Hahnenstein auf einer ganz anderen Station hier im Krankenhaus. Da war ich auch mal eingeteilt. Und traf auf Frau Müller-Hahnenstein, die überhaupt nicht zufrieden war mit meinen Blutabnahmefähigkeiten. Sie teilte mir dann ausführlich mit, dass noch jeder ihre Supervenen sofort getroffen hätte, außer halt ich.
Im Augenblick lobt sie aber meine exzellente Punktion und schimpft über jemand anders, der ihr inkompetenterweise einen blauen Fleck verpasst hätte. Hoffend, dass sie damit nicht mich meint oder sich womöglich an unser erstes Zusammentreffen vor Monaten erinnert, wandere ich schnell weiter zu Frau Zimbl-Wimbl, die wenigstens konstant nett zu mir ist und freundlich fragt ob ich noch Student wäre. „Hm ja“, sage ich und starre auf eine große Vene in ihrer Armbeuge. Während ich dazu übergehe meine Abnahmenadel in eben diese Vene zu versenken, ruft Frau Zimbl-Wimbl plötzlich böse, dass sie doch nicht von einem popeligen Studenten Blutabgenommen bekommen möchte! Leider kam dieser Ausruf zu spät und die Nadel wieder rauszuziehen, wäre auch blöd. Überhaupt hatte ich bis jetzt schon oft problemlos, superschnell und zu Frau Zimbl-Wimbls Zufriedenheit ihr Blut in kleine Röhrchen gefüllt. Seit Tagen. Egal, sie erklärt mir nun, dass sie doch kein Übungsmaterial für irgendwelche Studenten wäre und ignoriert meine Einwände, dass die Studenten bis jetzt immer ohne Probleme oder fehlgeleitete „Übungsstiche“ Blut abgenommen hätten. In Zukunft sollen bitte nur noch richtige, approbierte Arzt vorbeikommen.
Hmhm.

Sonntag, 13. Oktober 2013

Vorsicht mit der Leitung

Gegen Nachmittag wird es Herrn Bunzel ziemlich langweilig. Eigentlich geht es ihm ganz gut, aber irgendwelche Chirurgen hatten ihm bei seiner OP vor zwei Tagen eine Drainage in die Operationswunde gelegt: Zur Ableitung des Wundsekrets oder was auch immer sich ein Chirurg so vorstellt, das aus dem Operationsgebiet später rausfließen soll.
Jetzt stört Herrn Bunzel der Drainageschlauch im Oberschenkel. Außerdem ist ihm wirklich langweilig. Deshalb ärgert er die Krankenpflege solange, bis die einen Arzt findet und der Arzt mich findet und sagt: „Joa, die Drainage von dem Herrn Bunzel, die kann man entfernen.“ Man, das meint mich. 
Herr Bunzel ist begeistert und erzählt von seinem letzten Mallorcaurlaub, während ich an seinem Oberschenkel dies und das veranstalte, um am Ende einen schleimig-blutigen Drainagenschlauch aus eben jenem Oberschenkel zu ziehen. Angestrengt gehe ich dazu über ein sauberes Pflaster symmetrisch zu verkleben, welches aber lieber an meinen Handschuhen kleben möchte. Ein besorgter Krankenpfleger beobachtet mich hierdabei. Er überwacht, dass der PJler (also ich) keine allzugroße Sauerei mit der Drainage veranstaltet. Weil das mit dem Pflaster so lange dauert, räumt der Pfleger schon mal die jetzt gezogene Drainage auf.
„NEEINN! STOPP!“ ruft Herr Bunzel plötzlich. Sein Blick ist auf den dicken Drainageschlauch gefallen, den der Pfleger gerade vom Bett entfernt, „SIE KAPPEN DIE GASLEITUNG!!!“
Die Gasleitung? Völlig verwirrt erstarren sowohl Pfleger als auch ich. Gasleitung?! Was für ein Gas? Herr Bunzel atmet schließlich völlig problemlos und ohne Sauerstoffunterstützung alleine. Er spricht sogar fröhlich mit uns. Gasleitung?! Irgendwie fällt jetzt auch Herrn Bunzel auf, dass das mit der Gasleitung keinen Sinn ergibt und er lässt uns alles in einen benachbarten Mülleimer stopfen.

Sonntag, 6. Oktober 2013

Die Fragebögen

Die Internisten wollten eine Studie machen. Wichtige aussehende Fragebögen wurden erstellt und der Patientenzielgruppe angedreht. Zur Auswertung musste jemand diese Bögen natürlich wieder einsammeln. Weil ich so nett war, tat ich das. So einfach bekam man die Zettel aber nicht immer wieder ausgehändigt.

„Ich kann das nicht ausfüllen. Das würde die komplette Studie verfälschen. Ich gehöre gar nicht zur Zielgruppe!“ – Ausführliche Erklärung meinerseits, warum der Patient zur Zielgruppe gehört und keine Bedenken haben muss. - „NEINNEIN DAS GEHT NICHT! DIE STUDIE WIRD VERFÄLSCHT!“ – „Hm ok. Tschüss dann.“

„Ach ja den Fragebogen wollen sie zurück. Den habe ich noch nicht ausgefüllt. Ich habe ihn in den Safe eingeschlossen.“

„Oh der Fragebogen? DEN HAT DIE SCHWESTER GENOMMEN, ZERKNÜLLT UND WEGGEWORFEN!!“

Sonntag, 29. September 2013

Die Standarddosis

Es ist mitten in der Woche und nichts passiert. Auch nichts tuend sitze ich auf einem Drehstuhl und denke mir: „Jetzt könntest du mal wieder so einem rumstehenden Arzt eine intelligente Frage stellen.“ Ich sollte ja auch was lernen. Da ist auch schon ein Arzt, der wild Dinge in eine Kurve schreibt. Das tut er seit einer halben Stunde und seit dieser halben Stunde beobachte ich ihn. Nicht spannend, aber sonst gibt es nichts zu tun.
Also eine Frage: „Sag' mal Arzt, hier verschreibst du schon wieder Grmbendazol. Wie dosierst du das eigentlich?“
„Ahm“, geehrt über die intelligente PJler-frage, welche man in einem beliebigem Buch in Sekunden nachschauen kann, hebt der Arzt zu einem kurzen Monolog an, „also PJler, so einfach ist das nicht. Man kann nicht sagen es gibt eine feste Standarddosierung. Alles ist abhängig vom allgemeinen Zustand, dem Alter und  Geschlecht, den Vorerkrankungen des Patienten, der aktuellen Wettersituation und der Farbe meines Kugelschreibers!“
„Ah hm, wenn ich jetzt später mal Grmbendazol verschreiben möchte, wie gehe ich  dann vor? Ich muss ja irgendeine Dosis aufschreiben!“
„Das mit den Standard-Dosisempfehlungen in Büchern ist Quatsch! Merk‘ dir das PJler. Brauchst du gar nicht zu lernen. Die Dosis hängt immer davon ab wie alt der Patient ist, in welchem Zustand er sich befindet und so weiter.“
„Und wie hast du die Dosis bei diesem Patienten bestimmt?“
„Erfahrung PJler. Erfahrung!“
„Hmhm.“

„Ah hallo PJler, der sicher etwas lernen möchte“, sagt der Oberarzt am nächsten Morgen, „hier sehen sie den Patient Herrn Maierle. Was würden sie ihm denn bei diesen schlechten Laborwerten für ein Medikament geben?"
"Wahrscheinlich erst mal Grmbendazol."
"Sehr guter Vorschlag PJler. Und was wäre die Standard-Dosisempfehlung, die wir jetzt aufschreiben?“

Sonntag, 22. September 2013

Auf genaue Anweisungen ist zu achten

Herr Inofa wurde vor kurzem operiert und liegt nun auf unserer Station herum. „Oh“, ruft die Oberärztin bei der Visite, „sie haben ja noch eine Thoraxdrainage. Die muss dringend entfernt werden.“ Dann wirft sie mir einen bedeutungsvollen Blick zu. Aha.
Also schaue ich kurz darauf wieder bei Herrn Inofa vorbei, um einen großen Plastikschlauch aus seinem Brustkorb zu ziehen. Herr Inofa ist das nicht so geheuer und auch ich ziehe nicht sonderlich gern lange Schläuche aus Personen heraus. Aber von alleine fällt der Schlauch ja auch nicht aus dem Patient.
Beruhigend gebe ich Herrn Inofa letzte Anweisungen: „Sie atmen jetzt tief ein, tief aus, halten die Luft an und dann ziehe ich die Drainage. Also: Tief einatmen. Tief ausatmen. Luft anhalten. Super, die Drainage ist schon draußen.“
Zufrieden über den problemlosen Ablauf, versuche ich mich anschließend nicht im Drainageschlauch zu verheddern und außerdem den schleimig-blutigen Teil nicht im Bett, sondern auf der schleimige-und-blutige-Dinge-abfang-Unterlage abzulegen. Auch dies klappt wundervoll und nach ungefähr fünf Minuten, in denen ich weitere wichtige Post-Drainagezug-Dinge erledige, sagt Herr Inofa erschöpft, dass er jetzt die Luft nicht mehr anhalten könne.
„Oh ja, natürlich können sie weiteratmen! Also eigentlich hätten sie gleich nachdem die Drainage gezogen war weiteratmen können. Tja, ähm das hatte ich wohl ungenau ausgedrückt. Lalala…“

Samstag, 14. September 2013

Das Stethoskop

Hier stelle ich ein wichtiges ärztliches Untersuchungsgerät vor, welches ich tagtäglich (fast, außer an freien Tagen, oder an vergesslichen Tagen) mit mir herumtrage.

 

Sonntag, 8. September 2013

Die Begleitung



Als ich das Patientenzimmer betrete um noch schnell einem Patienten Blut abzunehmen, treffe ich auf eine mir unbekannte Krankenschwester, die sich gerade an die Wand lehnt. Schnell stelle ich mich vor: „Hallo ich bin Frau PJlern und PJler hier. Ich würde gerade kurz bei dem Herrn dort hinten Blut abnehmen.“ „Ah hallo, ich bin Katharina und begleite heute Melanie. Machen sie ruhig.“ Aha, Melanie kenne ich zumindest, sie arbeitet auf dieser Station. Glaube ich. Gerade spricht sie mit einem der anwesenden Patienten. Zum Glück nicht mit meinem Blutabnahme-Patient. Während Melanie und Begleitung nun was auch immer veranstalten, versuche ich unauffällig an das Blut des älteren Herrn im Bett nebenan zu kommen, werfe zwischendurch meine Abnahmeröhrchen vom Tablett auf den Boden, gehe einmal raus und wieder rein, weil ich mein Desinfektionsmittel vergessen habe und vollende alles mit einem hässlichen Pflaster.
Beim Verlassen des Zimmers stelle ich fest, dass Katharina, die Begleitung, inzwischen eine Art umfangreichen Bewertungsbogen hervorgezaubert hat, auf dem sie wild Dinge zur Performance von Melanie macht, die ihren Patienten nun am Bettrand wäscht.
Super: „b e g l e i  t e n“; das scheint wohl die freundliche Formulierung für: „Heute prüfe ich Gesundheits- und Krankenpflegeschülerin Melanie auf die Ausführung ausgewählter Standardaufgaben (oder was auch immer)“
Hatte danach ein schlechtes Gewissen Melanies Prüfung mit meiner chaotischen Blutabnahme gestört zu haben. Grm!

Sonntag, 18. August 2013

Der Unterrichts- und Übungsraum



Es ist 8 Uhr morgens. Ich sitze im Untersuchungszimmer und warte auf Herrn Grimzim um ihn auf Station aufzunehmen. Herr Grimzim erscheint. Freundlich reiche ich ihm meine Hand: „Hallo ich bin Frau PJlern, bin Medizinstudentin u…“
„OH!“ unterbricht mich Herr Grimzim erschrocken, „bin ich hier falsch?!!“
Huä? Verwirrt blicke ich Herrn Grimzim an. Denn erkenne ich, dass Herr Grimzim eigentlich einen fähigen, ärztlich aussehenden Arzt erwartet hat, bei der Erwähnung des Wortes „Medizinstudentin“ nun aber glaubt, im Unterrichts- und Übungsraum für experimentierfreudige, aber völlig inkompetente Anfängermedizinstudenten gelandet zu sein.
Bin mir nicht sicher, ob ihm meine Erklärungen über die große Kompetenz von PJlern (fast Arzt! Ähm.) und dass natürlich später auch ein ärztlicher Arzt vorbeikommen würde, beruhigt haben.

Montag, 12. August 2013

Das Ultraschallgerät

„Oh PJler“, ruft der Oberarzt verzweifelt, „kannst du mir einen Gefallen tun?“
Während ich noch vorsichtshalber denke: „Vielleicht…“ spricht der gestresste Arzt schon weiter: „Unsere Station 62R.1 braucht dringendst ein Sonographiegerät. So schnell wie möglich. Kannst du ihnen nicht kurz unser Gerät vorbeibringen?“
Da ich ja nett bin und der Station 62R.1 auch gerne helfe, suche ich mir also schnell das gewünschte Ultraschallgerät und schiebe es schnell durch’s halbe Krankenhaus.
Auf Station 62R.1 treffe ich auch gleich eine nette Krankenschwester und kündige ihr das so gewünschte Gerät an.
Hier hätte ich jetzt ungefähr eine solche Reaktion erwartet:
„Oh Frau PJlerin, super dass sie so schnell gekommen sind!“ Mehrere Ärzte stürmen jubelnd aus einem Zimmer und entreißen mir dankend das Gerät um eine lebensrettende Ultraschalluntersuchung durchzuführen. Zum Dank überreicht man mir ein Stück Kuchen und ich verschwinde heldenhaft zurück auf meine Station.
Stattdessen sagt die Krankenschwester: „Ein Sonographiegerät?? Ich weiß von nichts.“ Sie geht erst mal weg und kommt nach einer Weile mit einem Arzt zurück. Der schaut mich misstrauisch an und meint: „Wir brauchen hier kein Ultraschallgerät. Sind sie sicher, dass sie auf der richtigen Station sind?“ „Ja! Und es hieß sie bräuchten hier auf 62R.1 sofort ein Ultraschallgerät!“ „Also wir brauchen keins“, sagen der Arzt und die Schwester. Ich überlege ob ich samt Gerät einfach gehen sollte.
„Naja“, sagt die Krankenschwester, „fragen sie vorn drüben im Arztzimmer nochmal nach.“ Demotiviert lasse ich das Gerät erst mal am Stationseingang stehen und treffe im Arztzimmer einen gelangweilten weiteren Arzt. „Hatten sie eventuell angerufen wegen eines Ultraschallgeräts?“ „Joa“, sagt der Arzt, „wo haben sie das denn hingestellt?“ „Vorn an der Station.“ „Ok gut. Ich hol‘ es dann. Tschüss“, sagt der Arzt ohne Aufzustehen.
Hmhm.